Ihr letzter Weg – ein Audiowalk

Jeder Mensch ist ein Leben, mit einer eigenen langen Geschichte. In diesem Audiowalk erhalten Sie Einblicke in die Schicksale jüdischer und nicht-jüdischer Menschen während des Nationalsozialismus, insbesondere hier in Berlin-Moabit.

Menschen, die von den Nazis deportiert und ermordet wurden. Oder die überleben konnten. Oder die anderen unter Lebensgefahr geholfen haben. Dies sind nur Beispiele, wie es sie damals in unbegreiflich hoher Zahl gegeben hat.

Berlin war der bedeutendste Ort jüdischen Lebens in Deutschland. Als die Nationalsozialisten im Jahr 1933 an die Macht kamen, waren hier mehr als 160.000 Jüdinnen und Juden gemeldet, davon allein über 12.000 im damaligen Bezirk Tiergarten.

In der Zeit von 1933 bis ´38 wurden 1.400 Gesetze gegen die jüdische Bevölkerung erlassen. Es war ein unglaublicher Zivilisationsbruch: Beruf verloren, Wohnung genommen, kein Radio, keinen Besuch im Park, kein Theater. Einkaufen nur innerhalb einer Stunde am Tag, die jedoch in der Zwangsarbeitszeit lag. Kein Fleisch, keine Zigaretten, die Lebensmittelkarten quer über alle Abschnitte mit „Jude“ abgestempelt. Keine Verkehrsmittel, Einsperrung in sogenannte Judenhäuser, keinen Ausgang nach 20 Uhr, Markierung mit dem Judenstern. 1.400 Gesetze! Gegen Menschen, die in diesem Staat gelebt haben, die Nachbarn waren.

Als sie dachten, es würde nicht mehr schlimmer kommen, begannen die Nazis mit den Deportationen in die Vernichtungslager, vor aller Augen. Aber im Nachhinein wollte niemand etwas bemerkt haben. Angeblich hatte niemand etwas gesehen oder jemanden vermisst – obgleich alles am helllichten Tag geschah.

In den kommenden ein bis zwei Stunden gehen wir gemeinsam den Weg ab, den tausende Jüdinnen und Juden gehen mussten, vom Sammellager in der Levetzowstraße zum Güterbahnhof Moabit. Ihr letzter Weg führte diese Menschen in Konzentrationslager wie Auschwitz, Majdanek und Treblinka, in die Ghettos wie Litzmannstadt oder Theresienstadt.

Manche wurden auf LKWs gefahren, andere in Fußmärschen quer durch die Wohnviertel getrieben. Nachts, aber auch tagsüber, jeder konnte es sehen. An manchen Tagen waren es mehr als tausend Menschen, mit ihrem Gepäck in der Hand, weil sie den Lügen der SS-Männer glauben wollten, dass es in Arbeitslager gehen würde. Dabei ahnten viele längst, dass sie in den Tod geschickt wurden.

Schon die Reichspogromnacht am 9. November 1938 hatte gezeigt, was Jüdinnen und Juden in Deutschland zukünftig zu erwarten hatten: Ausplünderung, Zerstörung ihrer wirtschaftlichen Existenz, Erniedrigung, Internierung, Folter und letztendlich Ermordung. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 nahm der Terror weiter zu. Der erste Deportationszug verließ Berlin am 18. Oktober 1941. Auf der sogenannten Wannsee-Konferenz im Januar 1942 wurde die systematische Vernichtung der Juden beschlossen und organisiert. Eine wichtige Rolle mussten dabei jüdische Institutionen und Einrichtungen spielen, die von den Nazis missbraucht wurden. So auch an dieser Stelle, Levetzowstraße Ecke Jagowstraße, wo eine der größten Synagogen Berlins stand. Hier beginnt unser Audiowalk, schauen Sie sich um!

Die ehemalige Synagoge Levetzowstraße »