Das Mahnmal Levetzowstraße

Im Krieg war die Synagoge bei Luftangriffen weiter beschädigt worden, sie hätte aber wieder aufgebaut werden können. Doch das Bezirksamt stellte die Jüdische Gemeinde mit Forderungen nach Verkehrssicherheit vor große Probleme. Da die meisten Berliner Jüdinnen und Juden deportiert oder geflohen waren, konnte die Gemeinde das Gebäude nicht sanieren. Deshalb ließ sie es 1955 schließlich abreißen, das Grundstück verkaufte sie an das Land Berlin. An dessen Stelle steht heute der Kinderspielplatz.

Zunächst blieben die vier Säulen des Haupteingangs der Synagoge erhalten. Aus heutiger Sicht eigentlich ideal für ein Mahnmal. Doch auch diese fielen später der Spitzhacke zum Opfer. 1960 erinnerte man sich dann offiziell wieder an diesen Ort und errichtete eine kleine Gedenkstelle. Sie besteht aus einer Backsteinmauer, an der Kränze befestigt werden können. Dazu eine Gedenktafel, die den inhaltlichen Fehler enthält, dass die Synagoge in der Pogromnacht zerstört worden sei. Tatsächlich wurde sie aber nicht am 9. November 1938 stark beschädigt, sondern erst später im Krieg.

1985 beschloss die Stadt Berlin, einen würdigeren Gedenkort zu schaffen. Die Gewinner des Wettbewerbs, die Bildhauer Peter Herbrich sowie die Architekten Theseus Bappert und Professor Jürgen Wenzel errichteten ein eindrucksvolles Mahnmal. Eingeweiht wurde es am 14. November 1988, kurz nach dem 50. Jahrestag des Novemberpogroms.

Das Mahnmal besteht aus mehreren Teilen: Der schräg in den Himmel ragenden Flammenwand am Ort des einstigen Haupteingangs. Hier sind die 63 Transporte nach Osteuropa aufgelistet, die in die Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager fuhren.

Schauen Sie auf den Boden: Auf einer Betonplatte erkennen Sie gusseiserne Reliefs der 34 größten Berliner Synagogen als Symbol deutsch-jüdischer Kultur und Geschichte, die die Nazis auslöschen wollten. Doch der Hauptteil des Mahnmals befindet sich mitten auf dem Bürgersteig: Eine stilisierte Gruppe von Gefangenen steht auf einer Rampe bzw. in einem Eisenbahnwaggon. Zwei im Pflaster eingefügte Schienen führen in Richtung Osten. Lassen Sie das gerne einen Moment auf sich wirken.

Jizchak Schwersenz arbeitete bei der „Jugend-Alijah“ als Lehrer

„Als Mitarbeiter der „Reichsvereinigung der Juden“ brachte ich einmal pro Tag mit einem „arischen“ Chauffeur Essen zum Sammellager in die Levetzowstraße. Das Essen wurde in 50-Liter-Kübeln angeliefert und an die Menschen in Näpfen ausgegeben. Oft stand ich vor dem Gebäude, schaute auf den in goldenen Lettern geschriebenen Jesaja-Vers „Haus Israel, kommt, wir wollen aufbrechen im Lichte Gottes“ und dachte, dass dieser Spruch nun in einem ganz anderen Sinne Wahrheit geworden war: Aufbrechen in den Osten zur Vernichtung.“

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